Wer schon mal unter Schamgefühlen gelitten hat, weiß, wie unangenehm sich das anfühlt. Fehlentwicklungen in der Intersubjektivität können ein Gefühl der Scham entstehen lassen. Das kann z.B. so sein, wenn ein Kind sozial isoliert aufwächst und dadurch nicht in ausreichendem Maße Gefühle und Gedanken anderer als getrennt von ihm selbst erkennen kann.
Ein demütigendes Szenario löst eher stumme Wut und Verzweiflung oder traumabedingte Abgestumpftheit aus. Scham wird aber nicht durch eine tatsächliche Demütigung hervorgerufen. Sie kommt eher daher, dass man glaubt, die demütigende Person habe eine schlechte Meinung von einem selbst, wo doch der Beschämte Respekt und eine Verbindung auf Augenhöhe mit Achtung erwartet hätte. Die Enttäuschung über die nun aber erlebte Geringschätzung ist groß. Die Demütigung wirkt extrem gewalttätig, weil die geistige Welt des anderen zerstört werden soll. Scham zielt jedoch auf die Aufrechterhaltung einer Bindung ab, in der sich der Beschämte herabgewürdigt fühlt.
"Du solltest dich schämen" vermittelt, dass der Beschämte keine Achtung in den Augen des Demütigenden verdient. der Beschämte fühlt sich ausgegrenzt. Verachtende Worte lösen jedoch nur dann Scham aus, wenn sich interagierende Personen emotional sehr nahe stehen- und dann sehr heftig. Wenn aufgrund von Distanz keine intersubjektive Bindung möglich ist, können auch keine Schamgefühle erwachen.
Psychopathen kennen keine Scham, denn der andere existiert für sie nicht, sondern stellt nur eine Marionette dar, die der Befriedigung eigener Bedürfnisse dient.
Wie zeigt sich Scham?
- ausweichender Blick
- abgesenkte Kopfhaltung
- Vermeidung und Verleugnung
- undeutliche Aussprache
- Zynismus oder Gleichgültigkeit
- Schüchternheit
- Beziehungsauflösung
- stille Hinnahme
- Gefühl, daß einem z.B. Glück nicht zusteht.
- Gefühl des Scheiterns
- Suizidgedanken und Suizid
Wie befreist du dich von Scham?
- Vertraue das, was dich gedemütigt hat, einer Person an, die dich jetzt nicht demütigt, sondern dein verletztes Ich versteht.
- Verändere deine eigene Psyche. Während der seelischen Arbeit kannst du aus der Opferrolle aussteigen und dich von Scham befreien.
In Anlehnung an das Buch "Scham - Die vielen Facetten eines tabuisierten Gefühls" von Boris Cyrulnik, Fischer & Gann, Munderfing 2018
Foto: Petra Brookland, 2018
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